Mitarbeiter-Zufriedenheitsabfragen

Sind Mitarbeiter-Zufriedenheitsabfragen eigentlich noch zeitgemäß? Sind sie nützlich? Oder wecken sie Erwartungen, die unerfüllbar sind, führen letztlich zu gegenseitiger Frustration und sind ein Zeichen von Übergriffigkeit in die Privatsphäre?

Eine interessante Frage, die durch aktuelle Kommentare, zum Beispiel von Lars Vollmer (https://open.spotify.com/episode/5Z9wptmZRly4GtknTYWefK?si=dakRW28gQkqMM_CZO6wRLQ) zu diesem Artikel geführt hat.

Wir haben monatlich in allen Abteilungen eine Mitarbeiter-Zufriedenheitsabfrage etabliert und investieren recht viel Aufwand in ihre Durchführung, Auswertung und Visualisierung, um regelmäßig ein Stimmungsbild wiederzugeben. Viele Mitarbeiter antworten hierauf nur mit einer knappen Rückmeldung auf einer vierstufigen Skala von Doppelplus bis Doppelminus, wenige ergänzen sie durch Kommentare in mündlicher oder schriftlicher Form. Viele Mitarbeiter beteiligen sich auch gar nicht daran.

Vorab: Die Ergebnisse und Kommentare sind für uns im Führungskreis immer wieder interessant und wichtig zu lesen und wir freuen uns über jede Rückmeldung. Doch wir stellen uns auch die Frage: Sind unsere Mitarbeiter-Zufriedenheitsabfragen eigentlich noch zeitgemäß?

Im Grundsatz muss man die Frage wie Lars Vollmer stellen: kann man Zufriedenheit überhaupt messen? Klare Antwort: man kann es nicht!

Zufriedenheit ist ein Gefühl – und Gefühle sind per Definition nicht messbar. Gefühle schwanken im Lauf des Tages, der Woche, des Monats extrem. Gefühle sind individuell und können etwas mit der Arbeit zu tun haben, müssen es aber nicht. Gefühle hängen immer von der aktuellen Umgebung und dem aktuellen Umfeld ab – man kann hier das Private nie ganz vom Beruflichen trennen. Sie sind kontextsensitiv. 

Man kann auch sagen, dass die Zufriedenheit kein Gefühl, sondern eine Einstellungssache ist. Ich kann mir selbst vornehmen, zufrieden zu sein. Ich kann die grundsätzliche Einstellung im Leben und in der Arbeit haben, zufrieden zu sein. Das ist eine bewusste Entscheidung!

Der wesentliche Punkt ist hier: für seine Zufriedenheit ist jeder Mensch selbst verantwortlich! Kein Mensch und kein Unternehmen, kein Umfeld, keine Kollegen und keine Vorgesetzten kann einen Menschen nachhaltig glücklich oder zufrieden machen. Ob Sie zufrieden sind, bestimmen Sie ganz allein! Sehr lesenswert ist hierzu das Buch „Mach mich glücklich“ von Boris Grundl, der das deutlich eingehender beschreibt und begründet. Auch in der gesamten Literatur von Reinhard K. Sprenger (https://www.sprenger.com/) oder Jens Corssen (https://www.jenscorssen.com/home/ wird dies sehr fundiert begründet. 

Hinzu kommt – es ist nicht Aufgabe des Unternehmens, für die Zufriedenheit der Mitarbeiter verantwortlich zu sein. Wir haben gemeinsam die Aufgabe und große Herausforderung, für unsere Kunden im harten Wettbewerbsumfeld eine Leistung zu erbringen, mit der der Kunde zufrieden ist und uns dafür gut bezahlt. Das ist der Zweck unseres Unternehmens und unserer gemeinsamen Arbeit. Es ist nicht der Zweck unserer gemeinsamen Arbeit, uns gegenseitig zufrieden zu machen. 

Letztendlich – eine Zufriedenheitsabfrage kann schnell die Erwartungshaltung erzeugen, dass sich jetzt auch etwas ändert, wenn hier etwas kritisiert wird. Wenn es jedoch zu keinen sichtbaren Reaktionen kommt, ist man verständlicherweise enttäuscht. Diese Erwartungshaltung ist aber unerfüllbar. Wir lesen alles, wir machen uns über vieles Gedanken – aber es ist schlichtweg mit den begrenzten Ressourcen nicht möglich, auf alle angesprochenen Themen einzugehen. 

Aus der Zufriedenheit unserer Kunden allerdings entsteht ein guter Grund dafür, dass wir selbst mit den Ergebnissen unserer Arbeit zufrieden sein können. Auch die bisher erfolgte gemeinsame, erfolgreiche Bewältigung der Corona-Krise gibt einen guten Grund für uns, zufrieden mit unserer Arbeit zu sein und vermittelt dieser einen Sinn.

Und auch wenn die Umstände in unserem Unternehmen unsere Mitarbeiter nicht nachhaltig zufrieden machen können, so kann das berufliche Umfeld sehr wohl eine nachhaltige Unzufriedenheit verursachen. Es gibt fast unzählige Einflüsse im Unternehmen, im Arbeitsumfeld oder in der Zusammenarbeit mit Kollegen oder Vorgesetzten, die die Arbeit behindern. Das kann verständlicherweise unzufrieden machen oder die Zufriedenheit wesentlich vermindern. Hierauf hat jeder Mensch eine andere Sicht – und hier liegen Möglichkeiten zur Verbesserung oft für Dritte „verborgen“, die nur durch Kommunikation erschlossen werden. Die Mitarbeiter-Zufriedenheitsabfrage ist eine Form derartiger Kommunikation.

Letztendlich brauchen wir im Unternehmen gegenseitige Rückmeldungen, um uns gemeinsam stetig zu verbessern und nachhaltig erfolgreich zu sein. Chancen zur Verbesserung ergeben sich aus Abfragen wie zur Mitarbeiter-Zufriedenheit. Grade in der Produktion haben wir Mitarbeiter, die wir nur sehr schwierig erreichen können, die sich in der deutschen Sprache nicht sicher fühlen und die es nicht gewohnt sind Missmut oder Kritik offen anzusprechen – auch weil es in ihrem Leben hierzu schon oft negative Erfahrungen gab. Die Zufriedenheitsabfrage ist eine weitere Möglichkeit für sie, eine Rückmeldung in einem – wenn gewünscht auch anonymen – Raum zu geben. Auch ein „Doppelminus“ oder ein „Doppelplus“ sagt im Zweifel mehr als nichts und kann ein Anfang eines weiteren Austausches werden.

Nur weil das Unternehmen seine Mitarbeiter nicht „zufrieden machen kann“, heißt das nicht, dass uns in der Unternehmensführung die Zufriedenheit der Mitarbeiter egal ist! Wir arbeiten hart und gerne dafür, dass die Rahmenbedingungen bei uns stimmen und möglichst viele Voraussetzungen dafür geschaffen sind, dass möglichst viele Mitarbeiter bei uns zufrieden sein können. Und vielleicht können wir es schaffen, dass Menschen in unserem Unternehmen hin und wieder ein klein wenig zufriedener als anderswo sein können – wenn sie es denn wollen. Damit tragen wir ein kleines Stück zur Verbesserung des Lebens dieser Menschen bei – ein schöner Sinn für unsere Arbeit.

Wir haben den Anspruch, morgen besser zu sein als heute. Wir sind dabei auf Rückmeldungen unserer Kunden, unserer Geschäftspartner und insbesondere unserer Mitarbeiter und Kollegen angewiesen. Darum ist uns Ihr Feedback so wichtig und darum geben wir uns weiterhin auch viel Mühe es einzuholen. Aus den Kommentaren – am liebsten persönlich, aber jedes „Hilfsmittel“ ist uns hierbei recht – versuchen wir zu lernen und immer weiter ein Stück besser zu werden.