Corona wird die Welt verändern. Die Folgen sind heute noch nicht absehbar, aber sie werden vermutlich nachhaltiger, als wir es uns heute vorstellen können. Die „kreative Zerstörung“ nach Joseph Schumpeter erfährt in diesem Jahr einen Schub ungeahnten Ausmaßes.

Besonders hart getroffen ist das Dienstleistungsgewerbe, Reiseunternehmen, Hotels und Gaststätten. Hier hat der Staat schnell und unbürokratisch schon Mitte März pauschale Hilfsgelder versprochen – das finden wir gut und richtig. Auch die schnelle und massive Zusage von Kreditgarantien war aus unserer Sicht sehr wichtig, damit die restliche Industrie nicht wie im Jahr 2008 sofort still steht. Bis heute gibt es keine Kreditklemme und keine Sorgen vor plötzlichen Zahlungsausfällen.

Doch die Unterstützungsbemühung des Staates kennt jetzt offensichtlich keine Grenzen. Die Bundesregierung hat bereits am 16. März „unbegrenzte Liquiditätshilfen für notleidende Unternehmen“ angekündigt. Unser Bundeswirtschaftsminister ging am 18. März sogar noch weiter und sagte: „wir werden alles tun, dass (aufgrund der Corona-Krise) kein Arbeitsplatz verloren geht.“

Der Staat ist nicht dazu da, alle Risiken seine Bürger abzufangen und 100%ige Sicherheit zu bieten.  

Corona ist ein Beschleuniger. Aber die Veränderungen, die wir jetzt so massiv erleben, haben schon viel früher begonnen. Ein paar Beispiele:

  • Schon vor Corona waren zum Beispiel die Überkapazitäten in der Automobilindustrie weltweit enorm. Corona wird den Rückgang des Mobilitätsbedarfs massiv beschleunigen. Auch nach Corona wird die Welt weniger Autos benötigen.
  • Mobiles Arbeiten und digitale Hilfsmittel zur Kollaboration waren schon in den letzten Jahren „in“ – jetzt sind sie fest im produzierenden Mittelstand angekommen und werden auch nach der Krise viel stärker als bisher genutzt.
  • Über die Re-Lokalisierung von Wertschöpfungsketten sprechen wir nicht erst seit Trumps „America first“ – diese beschleunigt sich jetzt bei einigen Gütern der Grundversorgung extrem.
  • Die USA nehmen seit Jahren keine absolute Führungsrolle in der Welt mehr ein, zerlegen sich aber in dieser Krise umso wirkungsvoller „Dank“ eines völlig inkompetenten Präsidenten
  • Dennoch werden die Tech-Unternehmen, gerade aus den USA, wie Microsoft, Google und Amazon in der Krise noch viel mehr an Bedeutung gewinnen.
  • Agile Arbeitsmethoden und mitarbeiterorientierte Führungsstile gewinnen seit Jahren an Bedeutung. In der Krise erweisen sie sich in einem hoch komplexen, stark verändernden Umfeld als echter Wettbewerbsvorteil.

Die Wirtschaft dient dazu, die Bedürfnisse der Menschen zu erfüllen. Sie muss sich einer veränderten Welt und veränderten Bedürfnissen anpassen. Veränderungen erzeugen neue Bedürfnisse (nach digitalen Dienstleistungen, gesundheitlicher Absicherung etc.) die neue Chancen für die Wirtschaft bietet.

Das „Alte“ muss dafür Platz machen. Industrien zu erhalten, um die Arbeitsplätze „zu retten“, schadet massiv der Gesellschaft. Es verhindert die notwendige Anpassung. Es schafft „Zombie-Industrien“, die ohne Daseinsberechtigung und ohne Sinn am Leben gehalten werden.

Der Staat als „Retter der Wirtschaft“, der mit Garantien oder sogar Beteiligungen die „alten“ Unternehmen erhält? Wir sprechen hier über den gleichen Staat, der versucht den Flughafen Berlin zu bauen… Wir sprechen letztendlich über sozialistische Tendenzen, die noch nie irgendwo funktioniert haben und die in der Geschichte massives Leid verursachten – mit den besten Absichten der handelnden Personen. Warum wird das immer wieder vergessen?

Ich bin kein Volkswirtschaftler, sondern Unternehmer. Schauen wir daher auf unser eigenes Umfeld und auf den Markt unseres Unternehmens. Auch in unserer Branche gibt es seit vielen Jahren Überkapazitäten. Viele kleine Unternehmen unserer Branche insbesondere in Spanien, Frankreich, Italien und der Türkei werden von hilfsbereiten Politikern zum Schutz der Arbeitsplätze am Leben erhalten. Hierfür „kaufen“ sich unsere Wettbewerber Aufträge – senken die Preise so lange, bis sie eine ausreichende Auslastung erzielen. Die Folge: das Preisniveau sinkt seit Jahren und ist auch für kerngesunde Unternehmen wie uns nicht mehr auskömmlich.

Die Krise ist eine Chance zur Bereinigung. Wenn nicht einmal jetzt Unternehmen „sterben“ dürfen, sind wir auf dem Weg zu einer 100% vom Staat gestützten Wirtschaft, weil kein Unternehmen am Ende mehr ohne staatliche Hilfen überleben kann. Überkapazitäten werden in Industrien wie der unseren künstlich aufrecht erhalten, wo wir aufgrund möglicher Produktivitätsfortschritte insgesamt in der Branche mit viel weniger Ressourcen und Arbeitskräften auskommen können – durch Ideen und Innovationen. Das ist der wirtschaftliche „Lauf des Lebens“ und hiervon profitieren letztlich alle – die Menschen, die Umwelt, die Gesellschaft und der Staat.

Krisen kommen und gehen. Wir müssen sie zur Veränderung nutzen und Altes loslassen können. Der deutsche Staat hat die ersten Wochen der Corona-Krise aus unserer Sicht sehr klug und umsichtig gemeistert. Jetzt bitte nicht übertreiben. Bitte nicht noch mehr „Staat“, sondern lasst den Unternehmen und den Menschen ihre Selbstverantwortung und ihre Fähigkeit, Neues zu gestalten. Die großen Innovationen kommen immer von den Menschen, nicht vom Staat. Genau das brauchen wir jetzt mehr denn je.