Als Familienunternehmer kann man sich für 2017 nur wünschen, dass die Welt weiter offen bleibt oder noch offener wird. Leider gehen die aktuellen politischen Strömungen in der Masse der Bevölkerung zurzeit in eine andere Richtung. Der Nationalismus wird überall auf der Welt wieder populärer und Politiker gewinnen Wahlen mit profaner Demagogie aus dem letzten Jahrhundert. Protektionismus ist dabei nicht nur für jeden Bürger eines Landes schädlich, sondern in heutigen weltweit vernetzten Wertschöpfungsketten nahezu unmöglich umzusetzen. Warum dies so ist, möchte ich gerne aus unserer Perspektive als mittelständischem Industrieunternehmens in Deutschland erläutern.

Die langfristige Entwicklung ist für den größten Teil der Menschheit ausgesprochen positiv! Das ist keine subjektive Einzelmeinung, sondern das Ergebnis sehr tief greifender Analysen an der Universität Oxford: https://ourworldindata.org/a-history-of-global-living-conditions-in-5-charts/ . Auch in der Jahresend-Ausgabe des renommierten Economist-Magazins vom 24. Dez. 2016 steht hierzu ein sehr lesenswerter Leitartikel: http://www.economist.com/news/leaders/21712128-liberals-lost-most-arguments-year-they-should-not-feel-defeated-so-much?frsc=dg%7Ca

Dennoch – die Bedingungen für die meisten Menschen in der Mittelschicht in Deutschland werden seit Jahren nicht besser, wirtschaftlich gesehen eher schlechter (warum es meiner Ansicht nach dennoch aufgrund der monetär nicht bewertbaren drastischen Fortschritte in der Informationstechnologie besser geht, ist ein anderes Thema).

Auch in unserem direkten Umfeld als mittelständischem Industrieunternehmen findet leider seit Jahren kein Wachstum statt. Für unser Unternehmen liegt in einer immer globaleren Welt die Konkurrenz aus Europa und Fernost quasi „direkt vor der Haustür“. Das drückt die Preise und setzt unser Unternehmen wie die Arbeitskraft unserer Mitarbeiter in direkte Konkurrenz mit Schleudergießereien, in denen Arbeitssicherheit ein Fremdwort ist und Arbeitskräfte in Massen zu günstigsten Konditionen zur Verfügung stehen.

Man könnte jetzt schnell nach Protektionismus rufen, um der bösen Konkurrenz aus Fernost in Deutschland und Europa mit Zöllen zumindest einen Ausgleich für die Belastungen abzuverlangen, die wir mit EEG Umlage, Steuern und Auflagen in Deutschland zu tragen haben.

Das würde uns –wie jedem anderen Industrieunternehmen in Deutschland – jedoch sofort erheblich schaden!

Warum ist das so?

Der Ökonom Richard Baldwin (http://graduateinstitute.ch/home/research/centresandprogrammes/ctei/ctei_people/baldwin_home.html) hat es mit wenigen Worten klar in einem Interview mit dem „Brand Eins“ Magazin in der Dezemberausgabe 2016 auf den Punkt gebracht.

In der ersten Welle der Globalisierung wurden Waren für den Konsum in andere Länder exportiert. Dieses ließ sich relativ leicht mit Importbeschränkungen kontrollieren. Diese Erfahrung machte zum Beispiel die Reagan-Administration in den 80erJahren. Damals war es der stellvertretende Handelsbeauftragte Robert Lighthizer, welcher Japan mit hohen Strafzöllen unter Druck setzte, was die Einfuhr von Waren wirksam beschränkte.

Seit Ende der 90er-Jahre spricht Prof. Baldwin von der „zweiten Welle der Globalisierung“. Waren werden in erster Linie nicht mehr für den Konsum, sondern für die Produktion anderer Waren exportiert. Wertschöpfungsketten sind global geworden. Dank drastisch gesunkener Transaktionskosten mittels Kommunikation und Informationsaustausch über das Internet ist es heute zum Beispiel für einen Mittelständler wie uns kein Problem, mit unserem Kunden in Korea über Lieferungen über Bauteile aus Deutschland und Taiwan zu verhandeln, die der Endkunde in den USA in seinen Turboladern einsetzt. Waren werden also exportiert, um in einem anderen Land Waren herzustellen.

Beschränkt man jetzt die Importe, ist es nicht mehr möglich, in einem Land zu produzieren. Unsere Kunden sind schon lange in globale Wertschöpfungsketten eingebunden. Jede Komponente, die in Deutschland teuerer oder aufwendiger aus dem Ausland zu beziehen ist, schwächt die deutsche Wirtschaft. Eine Maschine oder Anlage unserer Kunden kann ohne einen großen Teil von Komponenten aus allen Ländern der Welt überhaupt nicht mehr gebaut werden.

Dass Donald Trump den oben genannten Robert Lighthizer zum globalen Handelsbeauftragten der USA berufen hat, zeigt, in welcher protektionistischer Denkweise der 80er-Jahre er als Immobilientycoon noch hängt. Auch die Befürworter des Brexit werden sich in den kommenden Monaten massiv mit Ausnahmegenehmigungen für ihre großen Industrieunternehmen beschäftigen müssen, wie sie das Nissan-Werk in Sunderland von Theresa May bereits erhalten hat. Ohne freie Importe ist keine wettbewerbsfähige Produktion in der heutigen Welt mehr möglich.

Protektionismus schneidet schnell und tief in die Leistungsfähigkeit jeder Industrie – ganz besonders der deutschen Wirtschaft. Das ist keine Theorie, sondern grade für den industriellen Mittelstand in Deutschland schnell und hart erlebbar.

Würde Deutschland oder Europa also wie oben beschrieben Einfuhrzölle oder Quoten für die Produkte unserer Konkurrenz wie anderer Waren erlassen, würde dies die Leistungsfähigkeit unserer Kunden in Deutschland und Europa sofort deutlich einschränken. Unsere Kunden wären weniger wettbewerbsfähig, würden weniger Maschinen und Anlagen verkaufen – und wir weniger Komponenten aus Schleuderguss.

Offen, nicht nur für Wirtschaftsgüter, auch für Ideen und Menschen. Nur so kann die Exportnation Deutschland erfolgreich bleiben!