Die VLN- (VLN Langstreckenmeisterschaft Nürburgring) Saison 2015 ist vorbei und wurde mit ein paar großartigen Erfolgen „meines“ Teams Black Falcon (ohne mich in den letzten Rennen) beendet. Motorsport – für die einen der Wahnsinn auf Rädern, für die anderen die Leidenschaft schlechthin … oder wie es die 14-jährige Tochter meines Co-Fahrers vor dem letzten 24-h-Rennen so treffend formulierte: „Ihr macht da 24 Stunden nichts anderes als im Kreis zu fahren? Wechselt ihr denn nicht mal die Richtung? Wird das nicht unheimlich langweilig???“
Neben meiner leidenschaftlichen Tätigkeit als Unternehmer bewege ich sehr gerne schöne Autos auf schnellen Runden, vorzugsweise im Rahmen der VLN auf dem Nürburgring. Nach ein paar Erfolgen in diesem Jahr beim 24-h-Rennen sowie in der VLN kam mir immer öfter der Gedanke, dass die Zusammenhänge zwischen Motorsport und Management größer sind als gedacht …
Ausgangspunkt war der Sieg in meiner Klasse im 24-h-Rennen. Das hatte ich als erstmaliger Teilnehmer bei diesem größten Autorennen der Welt weder erwartet noch verdient. Mir wurde völlig klar, dass neben ganz viel Glück (dazu später mehr), das Team im Motorsport wichtiger ist als der Fahrer – und das ist genauso wie bei uns im Unternehmen …
Unternehmen sind um die Idee der Zusammenarbeit heraus entstanden – die Unternehmensleistung kann nur durch ein Team entstehen. Gleiches gilt für ein Autorennen, insbesondere Langstreckenrennen. Es ist unglaublich, welchen Belastungen ein Fahrzeug während vieler Stunden Rennbetrieb ausgesetzt ist und wie umfangreich die Vorbereitung hierfür sein muss – ebenso wie der blitzschnelle Einsatz bei Tankstopps, Reifenwechsel oder der Behebung kleinerer Störungen. Je länger man fährt, desto mehr kommt man zu der Überzeugung, dass das Ergebnis vielleicht noch mehr von den Kollegen an der Box und deren fehlerfreier Arbeit vor und während des Rennens, als von der eigenen fahrerischen Leistung abhängig ist.
Besonders bei Langstreckenrennen, wo sich mehrere Fahrer ein Auto teilen, kommt es weniger auf einen einzelnen Star, sondern mehr auf die gute Leistung aller an. Es ist genau so wie im Unternehmen. Die Vorbereitung ist ebenso wichtig wie die schnelle Unterstützung bei Problemen. Der Chef legt die Strategie fest, führt aber nicht selbst aus und ist auf seine Leute vor Ort angewiesen, die schnell und richtig selbstständig entscheiden müssen. Eine gute Kommunikation im gesamten Team ist erfolgsentscheidend, um Probleme frühzeitig zu erkennen und lösen zu können.
Man verlässt sich aufeinander und vertraut, das eigene Ego steckt zurück
Unser 24-h-Rennen am Nürburgring 2015: vier Fahrer auf einem Auto. Unser schnellster Fahrer hatte ein besondere Fehde mit dem Spitzenfahrer eines konkurrierenden Teams – es ging darum zu beweisen, wer der schnellste am Ring in unserer Klasse ist. Doch 24 Stunden sind sehr lang – eine schnellste Rennrunde zählt recht wenig, eine unfallfreie Rennrunde dagegen extrem viel. Und ein ganzes Team inkl. der drei weiteren Fahrer auf dem Auto müssen leiden, wenn zu viel Ehrgeiz zu einem Ausfall führt. Genauso sieht es im Unternehmen aus – es geht nicht darum, dass ein Einzelner sein Ego durchsetzt, sondern es geht um den langfristigen Unternehmenserfolg. Dazu gehört es, beim Kunden auch einmal zurückzustecken, nachzugeben und dessen Erwartungen gerecht zu werden – um für das Unternehmen weitere Aufträge zu gewinnen.
Perfekte Vorbereitung zahlt sich aus
Ich glaube, kein Team am Nürburgring – nicht einmal die Werksteams von Audi und BMW – kann hier wie Black Falcon in der blitzsauberen und top organisierten Werkstatt die Fahrzeuge so umfassend professionell auf den Dauereinsatz in der „grünen Hölle“ vorbereiten. Der Erfolg zeigt sich in so gut wie keinen Ausfällen aufgrund von technischen Defekten selbst bei Kleinigkeiten. Je anspruchsvoller die Aufträge im Unternehmen sind, desto besser und aufwendiger müssen sie auch vorbereitet und geplant werden. Hierzu helfen im Management wie im Motorsport Checklisten, viel Erfahrung und sorgfältige Planung.
Kontinuierliche Verbesserung in vielen kleinen Schritten
Erfolge entstehen nicht von heute auf morgen, sondern sind das Ergebnis vieler kleiner und mühevoller Schritte. Black Falcon hat viele Jahre gebraucht, um den heutigen Standard zu erreichen und arbeitet immer noch nach jedem Rennen an Detailverbesserungen. Ebenso ist es im Unternehmen überlebenswichtig, aus jedem Auftrag zu lernen und nach Möglichkeit immer ein Stück besser zu werden – denn die Anforderungen der Kunden steigen im internationalen Wettbewerb konstant.
Null Fehler in der gesamten Prozesskette
Eine einzige falsch angezogene Schraube, ein vergessenes Detail und das ganze Rennen ist im Eimer. Genauso reicht der kleinste Fehler im langen Herstellungsprozess der Produkte in unserem Unternehmen aus, um Ausschuss zu erzeugen, hohe Kosten zu verursachen und den Kunden dadurch mit einer Terminverschiebung zu verärgern. Alle„Rädchen“ müssen reibungslos ineinandergreifen, und ein einwandfreies und pünktlich geliefertes Produkt ist immer das Ergebnis einer langen Reihe fehlerfreier Arbeitsschritte in der Produktion wie auch der Administration.
Kenne deine Konkurrenz
Welcher Fahrer hat welche Stärken und Schwächen? Wie kombiniert man diese am besten mit der Fahrerbesetzung des eigenen Fahrzeugs, um Druck zu erzeugen, zu überraschen oder die Konkurrenz dann zu überholen, wenn sie es am wenigsten erwartet? Im Unternehmen geht es eher darum, der Konkurrenz möglichst aus dem Weg zu gehen und Kunden dort mit seinen Stärken zu überzeugen, wo es wenige Konkurrenzangebote gibt – sei es bei der Qualität, der Lieferzeit oder – am ungünstigsten – beim Preis.
Nach dem Rennen ist vor dem Rennen
Während der Saison gibt es keine wirkliche Ruhepause, denn direkt nach dem Rennen muss man bei der Vorbereitung der Fahrzeuge wie bei dem Lernen aus der eigenen Erfahrung direkt an den nächsten Einsatz denken. Auch im Unternehmen hoffen wir, dass es nicht zu Pausen durch Auftragslücken kommt, sondern dass die nächste Herausforderung nach erfolgreicher Lieferung eines Auftrags schon wartet …
Das Wetter ist wie die Konjunktur
Nordschleifen-Wetter: Gibt es etwas Unbeständigeres? Kaum eine Wettervorhersage hat in der Eifel Bestand. Alles ist möglich – ungetrübter Sonnenschein, wo eigentlich Regen angesagt war, bis hin zu Hagel und sogar Schnee an einem angeblich schönen Wochenende. In der heutigen Zeit gilt diese Analogie nahezu vollkommen für die Konjunktur in unserer Branche: Sie wird immer unbeständiger und ist überhaupt nicht mehr verlässlich. Wo man früher noch Monate oder gar Jahre in die Zukunft schaute, ist es heute selbst für unsere erfolgreichsten Kunden nicht mehr möglich, mehr als einige Wochen vorherzusehen. Die nächste Wirtschaftsnachricht aus dem fernen Ausland kann die Konjunkturlaune wieder komplett umwerfen und einen Kurswechsel erforderlich machen.
Glück ist ein wesentlicher Faktor
Von Siegern im Motorsport wie in der Wirtschaft hört man viel über Erfolgsfaktoren, Strategien, richtigen und wichtigen Entscheidungen und tausend anderen Gründen, die zum Erfolg geführt haben … nur vom Glück liest man selten etwas. Dabei ist Glück im Motorsport wie im Management ein ganz entscheidender Faktor. „Das Glück ist mit dem Tüchtigen“ – das ist etwas Wahres dran. Nur derjenige, der die Voraussetzungen zum Erfolg erarbeitet, kann auch erfolgreich sein. Doch bei aller Arbeit – immer spielt auch das Glück eine ganz entscheidende Rolle, und im Motorsport wird einem diese Wahrheit leider oft vor Augen geführt – spätestens dann, wenn es wieder einmal nicht mehr gepasst hat …
Genieße den Erfolg und sei dankbar
Last but not least – feiern, wenn man einmal wirklich erfolgreich war! Ein guter Platz in der Wertung oder ein guter Monat im Unternehmen, eine gewonnene Saison oder ein erfolgreiches Jahr – es ist einfach nicht selbstverständlich und daher immer ein Grund, dies gebührend zu feiern! Zugegeben – dies gelingt im Motorsport einfacher als im Management, wo doch immer direkt die nächste Herausforderung vor der Türe steht. Man sollte dennoch – oder grade deswegen – lernen, Erfolge zu genießen. Ich muss zugeben, dass ich hier im Unternehmen noch viel zu lernen habe, was mir im Motorsport sehr bewusst geworden ist.
Also – sollte der Motorsport zur Pflichtausbildung jedes Managers gehören? Darüber sollen bitte die Leser entscheiden, während ich versuche, noch ein wenig von den Erlebnissen dieser wunderbaren Saison mit Black Falcon zu zehren.
(Wenn dieser Artikel etwas zu sehr nach „Werbung“ für Black Falcon klingt, so ist dies kein Zufall, sondern voll und ganz beabsichtigt – Danke, ihr seid ein fantastisches Team!)
Manfred Wader sagt:
Guten Morgen Herr Kuhn,
leidenschaftlich geschrieben!
Es ist schön, Menschen zu erleben, die mit Hingabe ihre Arbeit, Hobby und eben das ganze Leben „erleben“. Wie mir scheint, haben Sie auch das Glück einer Familie, die ebenso denkt.
Aber vergessen Sie bitte unseren Hergott nicht. Der „fährt“ nämlich immer mit!
Ob im Unternehmen oder auf der Nordschleife.
Ich wünsche Ihnen weiterhin das Glück und Gottes Segen bei allem was Sie tun und vorhaben.
Herzlichen „Vollgas“ Gruss.
Manfred Wader, Radevormwald
4. November 2015 — 05:06