Fachkräftemangel – die Wachstumsbremse Nr. 1?

Die Auftragslage ist gut. Anders als in der Boomphase 2007 ist der Preisdruck aufgrund der Globalisierung aber immer noch sehr hoch – auch im Mittelstand werden wir weltweit mit unserer Konkurrenz verglichen und so drückt der Markt auf die Margen. Dank Investitionen in allen Bereichen der Energietechnik, Infrastruktur sowie im Maschinen- und Anlagenbau überall auf der Welt, haben wir aber genug zu tun. Wir könnten sogar mehr liefern, wenn wir nur die richtigen Mitarbeiter hätten…

Der Fachkräftemangel in Deutschland und auf der gesamten Welt ist wahrlich kein neues Phänomen. Das Ausmaß und die Dramatik dieses Fachkräftemangels haben jedoch aus unserer Sicht in 2017 noch einmal zugenommen. Unser Wachstum scheint erstmalig in unserer Firmengeschichte nachhaltig begrenzt zu sein, weil uns die Facharbeiter fehlen!

Unsere Unternehmensgruppe hat sich auf die Produktion hochkomplexer Einzelteile und Baugruppen für den Motoren-, Maschinen- und Anlagenbau spezialisiert. In dieser Einzelteil- und Kleinserienfertigung sind unsere Möglichkeiten zur Automatisierung begrenzt. „Industrie 4.0“ hat hier noch eine lange Entwicklung vor sich (die aber sicher noch kommen wird). Eine mittelfristige Steigerung der Produktion ist daher nur mit mehr Mitarbeitern möglich. Aber: es gibt immer weniger kompetente Facharbeiter. Diese Entwicklung beginnt bereits mit dem demographischen Wandel. Immer weniger Schulabgänger in unserem Land treffen auf immer mehr Berufsangebote. In der Folge ist es von Jahr zu Jahr herausfordernder gute Auszubildende zu finden und für unser Unternehmen zu gewinnen. Wir verstärken entsprechend unsere Anstrengungen auf diesem Gebiet und erhöhen auch die Anzahl der Ausbildungsplätze.

Die allgemeine Entwicklung im Bereich der Ausbildung führt jedoch dazu, dass der Markt für kompetente Facharbeiter komplett leer gefegt ist. Vor diesem Problem stehen natürlich auch Personaldienstleister, die bei der Frage nach Vermittlung oder Verleihung von Mitarbeitern nur noch hilflos mit den Schultern zucken.

Hinzu kommt die Tendenz unserer Gesellschaft, immer weniger arbeiten zu wollen. Die IG Metall wirbt bereits für eine 28-Stunden-Woche. Gesellschaftlich betrachtet steckt die sehr schöne Vision dahinter, dass wir unser Streben nicht mehr nur einseitig nach materiellem Besitz ausrichten, sondern Lebenszeit zur Selbstverwirklichung in der Freizeit, mit der Familie und für die eigene Entwicklung immer wichtiger wird. Es ist eine sehr schöne Vision vom besseren Leben, die wir langfristig teilen.

Doch ohne Leistung kein Erfolg, das sollte für jeden Menschen gelten. Und es gilt mit Sicherheit für Unternehmen. Denn Leistung entsteht aus Arbeit und Zeit. Die Arbeit kann noch so gut und effizient ausgeführt werden – wenn der Konkurrent ein Vielfaches der Zeit einsetzt, hat man keine Chance.

Viele Fachkräfte, ein zunehmender Bedarf nach guten Mitarbeitern und der Wunsch nach weniger Arbeitszeit – es ist ein „perfekter Sturm beim Thema Fachkräftemangel“, der auf die Unternehmen in Deutschland zukommt.

Gute Mitarbeiter werden noch mehr zur mit Abstand entscheidenden Ressource für den Erfolg!

Was bedeutet das für die Unternehmen? Werden die Personalkosten dadurch einfach steigen, bis es wirtschaftlich nicht mehr möglich ist, am bisherigen Standort weiter zu produzieren? Werden gute Facharbeiter irgendwann mit mehr Geld als Ingenieure bezahlt werden müssen, wie es einer unserer Kunden aus Bayern schon vermutet?

Vermutlich werden die Löhne und Gehälter im Produktionssektor wieder stärker zulegen. Da wir von globalen Märkten sprechen, hat dies wiederum Auswirkung auf die Wettbewerbsfähigkeit einzelner Länder und Unternehmen.

Andererseits wird es aber auch immer wichtiger, eine Umgebung im Unternehmen zu schaffen, die Mitarbeiter nicht demotiviert (motivieren kann man einen Menschen nicht von außen, ein Mensch kann sich dauerhaft nur selbst motivieren). Hier gibt es noch viel zu tun – erfreulicher Weise gibt es aber auch viele neue Erkenntnisse aus der Organisationslehre und im Management, wie Unternehmen, Abteilungen und Mitarbeiter besser geführt werden können.

Die steigende Nachfrage nach guten Mitarbeitern besonders im Produktionssektor ist ein weltweites Phänomen. In Deutschland sind wir Vorreiter bei der Entwicklung von Lösungen sowohl im Bereich der Technik (Stichwort „Industrie 4.0“) wie auch im Bereich der Organisation (Stichwort „Lean Management“). Das gibt mir das Vertrauen, dass wir langfristig in Deutschland die besten Produktionsstandorte haben können – wenn wir die Mitarbeiter finden und für uns gewinnen können, die diese Entwicklung mit gestalten.