Wer ist eigentlich dafür verantwortlich, ob mir die Arbeit Freude macht oder nicht? Wer ist für meine Motivation verantwortlich – oder für meine Demotivation, wenn der Job einmal keinen Spaß macht?
Wir wissen mittlerweile, dass sich Menschen auf Dauer nur selbst von innen heraus motivieren können. Schon Vorschulkinder verlieren die Lust an einer Tätigkeit, wenn sie hierfür regelmäßig belohnt werden – man nennt dies den Korrumpierungseffekt. Mittlerweile gibt es zahlreiche faszinierende Experimente, die die Wirkungsweise analysieren (http://de.wikipedia.org/wiki/Korrumpierungseffekt).
Jede Motivation von außen – durch Prämien, Druck, einen Chef, die Eltern etc. – wirkt nur kurzfristig. Sie verblasst mit der Zeit auch bei zunehmendem Druck oder steigenden finanziellen Reizen (auch wenn das Prämiensystem einiger Banken hier immer noch versucht, mit exorbitanten Mitteln das Gegenteil zu beweisen). Seit Sprengers Klassiker „Mythos Motivation“ (http://www.sprenger.com) werden die Schlüsselfaktoren für die persönliche Motivation immer genauer wissenschaftlich in der Neurologie untersucht und nachgewiesen (z.B. unter http://www.focus.de/wissen/mensch/geschichte/tid-21076/was-ich-geschafft-habe-koennen-auch-andere-wunder-der-motivation_aid_584914.html)
Aha, der findige Unternehmer kann sich jetzt also erst einmal zurücklehnen. Muss er sich also gar nicht mehr um die Motivation seiner Mitarbeiter kümmern, weil diese eh nur „von innen“ kommen kann?
Zunächst einmal ist jeder Mitarbeiter – jeder Mensch – gut beraten, wenn er selbst für seine Motivation die Verantwortung übernimmt, und hierfür nicht äußeren Umständen die Schuld gibt. Nur dann entsteht Selbstverantwortung und der Mensch erhält durch diese Erkenntnis den Schlüssel, sein Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen, etwas ändern zu können, an sich selbst zu arbeiten und nach dem Motto „love it, change it or leave it“ aktiv zu werden.
Doch als Unternehmer erkenne ich durchaus an, dass auch das Unternehmen einen guten Teil zur Motivation beitragen kann. Am „effizientesten“ im negativen Sinn: Auch wenn ein Unternehmen niemanden so einfach motivieren kann, kann eine Organisation ihre Mitglieder doch erstaunlich schnell demotivieren. Die Beförderung eines unfähigen Kollegen, die unterlassene Anerkennung einer mit viel Einsatz erbrachten Leistung, eine Einschränkung der Arbeitsbedingungen, die nicht erklärt wird, oder schon das Gerücht über eine bevorstehende Änderung, die als unfair angesehen wird, reicht aus, um Frust im Job zu erzeugen und den Wind aus dem Segel zu nehmen.
Umgekehrt sind positive Rahmenbedingungen wie systematische Feedback- und Mitarbeitergespräche, eine offene Unternehmenskultur, eine gute Zusammenarbeit im Team und Vertrauen in die Unternehmensführung notwendige, aber noch nicht hinreichende Voraussetzungen für eine gute Arbeitsmotivation.
Also, wer ist jetzt verantwortlich für die Motivation der Mitarbeiter? Meine Antwort: sowohl der Mitarbeiter wie auch das Unternehmen. Der Mitarbeiter kann sich nur selbst motivieren, doch das Unternehmen muss für die notwendigen Rahmenbedingungen sorgen, damit dies auch stattfinden kann.
Karo sagt:
hm… wenn die MA nicht motiviert sind, liegt es also möglicherweise an den Rahmenbedingungen. Nur wer definiert dann die „notwendigen“ Rahmenbedingungen für die das UN Sorgen „muss“ damit sich die MA selbst motivieren können?
3. April 2015 — 23:05
Andre Kuhn sagt:
Es bleibt wohl eine dauerhafte Aufgabe aller Betroffenen, die Rahmenbedingungen zu verbessern und immer wieder neu an die Unternehmensumwelt anzupassen…..
4. April 2015 — 07:18
Mr. Martin sagt:
Schenkt man den Hirnwissenschaftlern aus dem Focus-Artikel glauben, dann liegt der Schlüssel in der Begeisterung an der eigenen Arbeit.
Wenn Begeisterung entsteht, sobald wir das „Unbekannte“ erforschen und Erfahrungen sammeln, denke ich, müssen die Rahmenbedingungen dem Mitarbeiter auch regelmäßig ermöglichen, etwas Neues zu explorieren, wenn nicht sogar ihn dazu auffordern.
Es scheint mir wie eine Art Kreislauf zu sein, der unsere Motivation aktiviert: Neues explorieren > Erfahrung sammeln > Begeisterung verspüren > Motivation bekommen > Neues explorieren > usw.
Stellt sich mir die Frage, wer die nötige Motivation für den ersten Schritt hat, um den Kreislauf anzustoßen… wahrscheinlich am ehesten das Unternehmen!?
5. April 2015 — 20:52
Andre Kuhn sagt:
Vielen Dank, ein toller Gedanke! Ich stimme Ihnen zu, der Neurologe Gregory Berns http://gregoryberns.com schreibt hierzu sehr ausführlich in seinem faszinierenden, leicht lesbarem Buch „Satisfaction: Warum nur Neues uns glücklich macht“.
Neues kommt aus der Umwelt ständig auf ein Unternehmen und die Mitarbeiter zu – heute mehr als früher. Neue Produkte, neue Märkte, stetig wachsende Anforderungen der Kunden…. ein Unternehmen kann nur überleben, in dem es sich diesen Herausforderungen anpasst und einer der wichtigsten Voraussetzungen hierfür sind Menschen, die Neuem gegenüber zunächst einmal positiv eingestellt sind.
Insofern ist in einem Unternehmen leider niemand frei, Neues nach seinen individuellen Vorlieben zu explorieren. Jeder Mitarbeiter ist hierbei an den Unternehmenszweck gebunden, um dem Kunden hierdurch einen Nutzen zu bieten. Dies gibt der ganzen Sache aber auch einen gewissen Sinn….
Soweit ein paar Gedanken hierzu, Danke für diese Anregung zu ein einem großen Thema!
6. April 2015 — 06:52
Mr. Martin sagt:
Herzlichen Dank für den interessanten Buch-Tipp! Das werde ich mir in nächster Zeit direkt mal zu Gemüte ziehen.
Ich denke gerade die Sache mit dem Unternehmenszweck ist entscheidend. Nur wer das entfernte Ziel kennt, kann die Reise dorthin zielführend mitgestalten.
12. April 2015 — 13:14
Andre Kuhn sagt:
Danke für den netten Kommentar! Es bleibt immer eine hohe Herausforderung, den Unternehmenszweck den Mitarbeitern zu vermitteln….
13. April 2015 — 07:58
Meike Schneider sagt:
Lieber Herr Kuhn,
es ist in der Tag eine Herausforderung, den Mitarbeitern den Unternehmenszweck zu vermitteln. Dabei ist es zunächst einmal wichtig, sich selbst darüber klar zu werden. Ich stelle oft fest, das Unternehmer sehr gut schildern können WAS sie machen. Beim WIE fällt es dann schon schwerer und das WARUM respektive das WOZU wird dann ganz schwer. Dabei ist es gerade die Frage nach dem Sinn die spannendste und auch motivierendste. Wenn ich weiß, warum ich morgens aufstehe und in mein Unternehmen gehe und ich dort meine Werte leben kann, dann fällt es mir viel leichter und die Arbeit bekommt eine gewisse Leichtigkeit.
Wenn es mir dann auch noch gelingt, dieses WARUM an meine Mitarbeiter zu vermitteln, dann kommen diese auch mit größerer Leichtigkeit zur Arbeit und wenn es intern spürbar und klar wird, dann strahlt dies auch nach außen zu den Kunden ab. Und so enstehen vertrauensvolle Kundenbeziehungen.
Aus meiner Sicht ist es also eine der wichtigsten Unternehmer-Aufgaben, sich genau dieser Herausforderung zu stellen. Tag für Tag. Warum treten wir an? Welcher Vision folgen wir? Preach it!
18. August 2015 — 16:03
Andre Kuhn sagt:
Vielen Dank für diesen wertvollen Kommentar! Unternehmer sind ja oft die „Praktiker“ (hier schließe ich mich ein) – man kann ggf. etwas gut, kann aber nicht erklären, wie man es macht oder gar warum man es macht. Bei der Frage nach dem Sinn kann ich Ihnen nur zustimmen – und doch sind die Antworten so vielfältig und unterschiedlich wie es Menschen gibt. Daher gibt es auch keine allgemein gültige Antwort aus jeder Sicht, sondern jeder Mensch kann / muss seine eigene Antwort finden.
20. August 2015 — 18:22
Meike Schneider sagt:
Lieber Herr Kuhn,
dass Sie als Unternehmer ihren Mitarbeitern nicht deren Lebenssinn vorgeben können ist klar. Aber auch ein Unternehmen hat einen Sinn und wenn es ihnen gelingt, diesen sichtbar zu machen und zu kommunizieren – vor allem intern, dann können die Mitarbeiter daran andocken.
Herzliche Grüße,
Meike Schneider
4. Januar 2016 — 17:13
Andre Kuhn sagt:
Liebe Fr. Schneider,
Danke für Ihren wertvollen Kommentar! Den „Sinn des Unternehmens“ zu vermitteln – ich nehme an, in diesem Zusammenhang ist hier der Sinn unserer Produkte bzw. des Nutzens unserer Leistung gemeint – ist in der Tat grade in unserem Unternehmen eine besondere Herausforderung. Wir stellen keine Verbrauchsgegenstände her, sondern Bauteile, die unter härtesten Bedingungen in Maschinen und Anlagen eingesetzt werden. Der Kunde kauft bei uns, wenn er mit „normalen“ Werkstoffen „von der Stange“ keine Lösung findet. So halten unsere Edelstahl-Trommelmäntel zum Beispiel in Separatoren über Jahre tonnenschwere Belastungen bei höchsten Drehzahlen unter Bedingungen stand, wo fast jeder andere Werkstoff in kurzer Zeit vom Rost zerfressen wird – doch man sieht bei uns nur ein glänzendes Rohr. Dass dieses auf 1/100tel mm genau bearbeitet wurde und mikroskopisch rein in der Oberfläche wie im Gefüge ist – das kann man nicht sehen. Ja, wir können auf unsere Bauteile und auf unsere Leistung stolz sein! Ob der Mitarbeiter dies erkennt und ob er hier „andocken“ möchte, das kann dann nur jeder für sich selbst entscheiden.
5. Januar 2016 — 16:08