Als Mittelständler brauchen wir jeden guten Mitarbeiter. Als werteorientiertes Familienunternehmen schätzen wir die Diversifizierung unter den Mitarbeitern. Wir stoßen aber auch schnell an unserer Grenzen, wie es eine aktuelle Erfahrung einmal wieder gezeigt hat …

Die sogenannte Frauenquote geistert durch die Wirtschaftswelt. Eifrige Politiker haben es sich auf die Fahnen geschrieben, in allen Bereichen der Wirtschaft wenn nötig per Gesetz dafür zu sorgen, dass der Anteil der weiblichen Führungskräfte auf allen Ebenen und Gremien ein Minimum erfüllt. Die Argumente hierfür reichen von der Diskriminierung von Frauen über gefühlte „gläserne Decken“ für Chefinnen in Konzernen bis hin zu angeblich besserer Performance von Unternehmen mit höheren Frauenanteilen im Vorstand. Flapsig gesagt: Eine ausreichende Frauenquote in Führungsebenen gehört zur Political Correctness.

Unsere Meinung als mittelständisches Familienunternehmen: Die Führung in wirtschaftlich erfolgreichen Unternehmen sollte sich darauf konzentrieren, mit den Menschen gemeinsam sehr gute Ergebnisse zu erzielen – immer besser als die jeweilige Konkurrenz. Dies lässt sich unserer Überzeugung nach durch gute Zusammenarbeit, Transparenz, Vertrauen und einen gleichermaßen werte- wie leistungsorientierten Führungsstil erreichen. Autorität ist weiterhin notwendig, hat jedoch in der Bedeutung gegenüber den letzten Jahrzehnten abgenommen. Dagegen ist es immer wichtiger geworden, Mitarbeiter, Partner und Kunden zu verstehen, auf sie einzugehen und durch Überzeugung, Vorleben, Verständnis, Authentizität und Empathie zu führen. „Führung ist weiblich geworden“, wie es der schwedische Ökonom Kjell Nordström sehr treffend in seinen Büchern und Vorträgen formuliert. Es sind nicht mehr die „harten, männlichen“ Attribute wie Stärke, Selbstaufopferung und Durchsetzungskraft, die den Erfolg maßgeblich ausmachen, sondern die oben beschriebenen, eher weiblichen Eigenschaften.

Eine gute Zusammenarbeit gerade von Menschen mit unterschiedlichen Stärken und Sichtweisen ist nach unserer Ansicht für eine umfassende Analyse, für die Ideenfindung, Ausarbeitung von Optionen und damit für eine erfolgreiche Unternehmensführung wichtig. Dazu gehören Menschen mit unterschiedlicher Ausbildung, unterschiedlichen Hintergründen, unterschiedlichen Alters oder Geschlechts. In der Zusammenarbeit und Hinzurechnung der verschiedenen Sichtweisen kann sich ein umfassendes Bild ergeben und es können neue Optionen auftauchen und andersartige Lösungen gefunden werden. Damit besteht eine höhere Wahrscheinlichkeit für ein erfolgreiches Unternehmensergebnis.

Die Förderung von Frauen kann immer dann, wenn eine Frau zur Erfüllung einer Quote in eine Führungsposition berufen wird, in eine Diskriminierung von Männern umschlagen. was auch wieder völlig falsch ist. Dies ist zudem eine Beleidigung jeder wirklich qualifizierten Frau, die keine Quoten braucht, um Karriere zu machen (wie auch immer „Karriere“ definiert wird, denn auch dies verändert sich zurzeit dramatisch). Einen von außen gesehen sehr intelligenten, langfristig orientierten Ansatz verfolgt hier das Unternehmen Porsche, wie im aktuellen „Harvard Business Manager Special: Strategie“ aus dem Jahr 2017 auf Seite 10 von Helene Endres beschrieben. (http://www.harvardbusinessmanager.de/blogs/a-1135351.html)

Als mittelständisches Produktionsunternehmen sind wir leider immer noch nicht so attraktiv 😉 wie Porsche und haben auch nicht derartige Ressourcen. Wir finden zwar recht erfolgreich gute Mitarbeiter verschiedenen Alters, mit unterschiedlicher Ausbildung und auch im verschiedenen kulturellen Hintergründen. Wir finden jedoch (noch) so gut wie keine Frauen für Führungspositionen. Ein aktuelles Beispiel hat dies deutlich gezeigt:

Aufgrund sehr tragischer Umstände müssen wir die Position unseres kaufmännischen Geschäftsführers kurzfristig neu besetzen. Für diese recht attraktive Stelle haben wir bundesweit eine Ausschreibung gestartet. Meine Erwartung war, dass ein guter Anteil der Bewerber aus Frauen bestehen würde – schließlich gab es auch in den letzten Jahrzehnten unter den Kaufleuten und Studenten der Betriebswirtschaft schon immer viele hoch kompetente Frauen. Es bestand sogar eine kleine Hoffnung, dass der beste Kandidat eine Frau sein könnte und wir somit auch in der obersten Führungsriege unseres Unternehmens eine stärkere Diversifizierung bekommen könnten. Die Auswertung war ernüchternd: Trotz eines unvorhersehbar hohen Aufkommens an Bewerbungen – wir erhielten nahezu 100 – war nur eine einzige Frau dabei.

Ist der produzierende Mittelstand für Frauen weniger attraktiv? Oder gibt es auf dem Bewerbermarkt so gut wie keine erfolgreichen weiblichen Führungskräfte mehr, da sie heute überall stark gefragt sind?

Es gibt wohl auch noch eine einfachere Erklärung, auf die mich passender Weise aber erst meine Frau aufmerksam machen musste: wir sind nicht Douglas oder der Springer-Verlag. Unsere Produkte sind extrem technisch und nicht besonders „sexy“ – na ja, zumindest würden dies viele Menschen außerhalb unserer Branche so sehen 😉

Tatsache ist jedoch, dass erzwungene Frauenquoten in Führungspositionen nach dieser Erfahrung nur zu Scheinbesetzungen führen können: Es gibt einfach zu wenig geeignete Personen. Der Anteil an Frauen in der Ausbildung technischer Berufe auch in unserem Unternehmen wie auch der steigende Anteil von Frauen auf anderen Führungsebenen lässt aber hoffen, dass sich dies langfristig ändern wird – auch wenn er in unserer Branche ggf. nie eine 50:50-Quote erreichen wird.

Wir brauchen mehr Frauen in Führungspositionen – dringend! Einfach, weil wir mehr gute Führungskräfte brauchen – überall in der Wirtschaft. Anscheinend erfordert diese Entwicklung allerdings noch Zeit …